von Michael Höllen
http://www.stillcollins-fans.de
19 + x oder früher Start = spätes Ende?
Als ich die Karten für das Blackmore's Night Konzert in
Krefeld Linn erhalte fällt mir sofort der sehr frühe
Konzertbeginn um 19 Uhr auf. Aus der Erfahrung früherer
Konzerte ist klar, dass die Vorgruppe inkl. Umbaupause mit
mindestens einer Stunde anzusetzen ist - eher etwas
länger. Da sich die Burg Linn in direkter Nähe zu
Wohnhäusern befindet gelten hier vermutlich strengere
Bestimmungen zur Einhaltung der Nachtruhe. Sollte das Konzert
somit zu einem Wettlauf mit der Zeit werden?
Auf den freien Plätzen in den ersten Reihen herrscht mehrfach
Verwirrung - einige Stühle sind durch Zettel 'reserviert',
andere wiederum nicht - aber genau die Plätze ohne Schild
sind gar für die Ehrengäste von Managerin C. Stevens
freigehalten. Auf diesen Plätzen nehmen zwei ältere,
recht ehrwürdig anmutende Herrschaften Platz - wie sich
während des Konzerts dann herausstellen sollte, war dies kein
geringerer als Sir Tony Edwards, der erste Deep Purple Manager in
Begleitung seiner Gattin.
Superpünktlich erscheinen um 19 Uhr die Geyers auf der
Bühne. Mit einem sehr melodischen Instrumentalstück
beginnt der Abend. Mit 'all voll' präsentieren die
Historocker ein Stück, welches Ritchie Blackmore
bekanntermaßen zu einem eigenen Song inspiriert haben
soll. Beim nächsten Song bemüht Albert von den Geyers
die Drehleier und Georg legt ein geniales Gitarrensolo auf die
Bretter. Klar, auch heute wird wieder über die Weiber mit den
Flöhen 'abgelästert'. Mit viel Wortwitz bringt Thomas
Roth einige CDs an den Mann, denn Weihnachten steht ja schon vor
der Tür - entweder man mag die Musik, dann verschenkt man
eine CD an liebe Freunde - oder man mag die Musik der Geyers
nicht, dann kann man ja die CD an Leute verschenken, denen man
eins auswischen möchte .....;-)
Im nächsten Song präsentiert Drummer Jost ein wirklich
tolles Drum-Solo. Mit einem langsamen Flötensong und der
Frage 'was wollen wir trinken' geht der Support der Geyers an
diesem Abend zu Ende. Für mich persönlich war dies mit
Abstand der beste Auftritt der Geyers der 2006er BN-Tour.
Die Uhr rückt unaufhaltsam voran - gleich zwanzig Uhr - die
Bühne ist soweit freigegeben für Blackmore's Night -
hoffentlich geht es gleich los, denn sollte um 22 Uhr Sperrstunde
sein, blieben genau zwei Stunden für das Konzert
inkl. Zugabe(n) auf Burg Linn. Kurz nach 20 Uhr ertönt aus
den Lautsprechern Olde Mill Inn und unter großem Beifall des
Publikums schreiten Ritchie Blackmore und Candice Night über
eine lange Brücke zwischen dem Nebengebäude der
Burganlage und dem Innenhof mit Bühne - ein sehr
stimmungsvolles Bild - wie aus dem Mittelalter.
Auch in Krefeld startet Blackmore's Night mit 'Waiting just for
you' eher verhalten. Etwas schwungvoller folgt mit 'Past time with
good company' ein Song der CD aus dem Jahr 1999. Am Ende geht es
Ritchie auf der akustischen Gitarre etwas rockiger an und er
leitet zu 'Rainbow Blues' über - Habe ich den Song
überhaupt schon einmal live gehört? Oft ist dieser Hit
sicher nicht auf der Setlist zu finden. Auch wenn ich gerne in
diesem Song die Klänge von Ritchie's Strat gehört
hätte, so muss ich doch eingestehen, dass diese rock-akustik
Version schon eine ganz besondere Note hatte. Ein Highlight zu
einem so frühen Zeitpunkt? Werden die Joker schon früh
gezogen weil das Konzert nicht so lange dauern kann?
Im Programm geht es klassisch weiter mit 'Play minstrel play'
(tolles Solo von Ritchie in Part 2!) gefolgt von 'Faerie queen -
Faerie dance'. Im zweiten Song bemüht Ritchie wieder zwei
Gitarren (eine auf einer Art Barhockerständer - eine am
Mann). Das Solo in 'Farie dance' ist ein absoluter Genuss -
einfach perfekt. Die Laune auf der Bühne scheint
großartig und dazu passt die Ansage von Candice, dass
Ritchie im nächsten Song auf drei Gitarren spielen wird und
dabei 'a bottle on his head' balancieren wird.
Ritchie wechselt die Gitarre, merkt dann aber, dass er nicht die
richtige Wahl für den nächsten Song getroffen hat. Er
schaut sich um und sucht zwischen den ca. 10 Saiteninstrumenten
auf der Bühne nach dem richtigen Modell. Candice erheitert
mit der Frage 'how many guitars this man need?' und der Anspielung
auf die sinngleiche Frage in Bezug auf Schuhe/Frauen das Publikum.
Nachdem die richtige Gitarre gefunden ist geht es mit dem
Klassiker 'Under a violet moon' weiter im Programm. Und schon
wieder: Ritchie ist heute in absoluter Spiellaune - das Solo in
dem Song ist erste Sahne. Es erübrigt sich zu sagen, dass
diese Aussage auch bei dem folgenden Purple-Klassiker 'Soldiers of
Fortune' gilt.
Candice kündet nun 'Durch den Wald zum Bachhaus' an - aber
Moment, seit Hannover ist ja die Geigerin Tudor Rose nicht mehr
dabei, die sonst in diesem Song einen Solopart spielt? Bob greift
zu einer zweihalsigen Bass/E-Gitarre und der Geigenpart wird an
diesem Abend durch ein Bass / Orgel-Solo ersetzt - einfach toll!
Bei dem folgenden Song 'World of stone' habe ich freien Blick auf
den Drummer Malcolm - der Mann leistet bei dem Song wirkliche
Schwerstarbeit - Hut ab!
Mit der offiziellen Begrüßung von Sir Tony Edwards und
Gattin leitet Candice perfekt zu Mond Tanz und dem Deep Purple Hit
'Child in Time' über. Der Einsatz der Sisters of the Moon ist
grandios - das Publikum dankte es den beiden mit
anschließenden Standing Ovations.
Sir Bard David greift anschließend zum Orgel Solo
kräftig in die Tasten aber ich bin schon in Gedanken beim
nächsten Song. Auf der Bühne fehlt Ritchie's weiße
Stratocaster - folgt nun der E-Gitarrenpart, auf den sicher so
mancher Deep Purple oder Rainbow-Fan hofft? Richtig, nachdem die
Keyboards schweigen eröffnet Ritchie das Intro zu 'Ariel'. In
dem Song hat Candice ja schon zu Rainbowtagen den Backgroundgesang
übernommen. Keine Frage, die Version mit ihr als Frontfrau
hat Klasse. Und was Ritchie in dieser Nacht als Solo spielt
dürfte auch hartgesottene Hardrock-Fans begeistert
haben. Mr. Blackmore ist auch im folgenden Song nicht zu bremsen -
I guess it doesnt matter anymore - ein neuer Song mit Mega-Solo in
altbewährter RB-Qualität. Tosender Beifall quittiert
diese grandiose Leistung und ein Fan-Ruf 'Ritchie, come on'
erreicht den Meister, der darauf etwas verschnupft reagiert (er
äfft den Rufer nach -Ritchie, come on - und kratzt sich dabei
affenähnlich unter den Armen). Tja, da wundert es nicht, wenn
der sonst immer für ein Solo geeignete Song 'Loreley' diesmal
nur mit kräftigen Fender-Riffs begleitet wird - und Ritchie
danach gar die Fender ablegt - schade ....
Ritchie sucht erneut eine geeignete Gitarre für den
nächsten Song. Irgendwie ist er noch unter Hochspannung. Bei
'Home again' tanzt er mit Bob und Candice über die Bühne
und Bard stimmt am Ende gut gelaunt 'Drink, Drink ....' an.
Die Stimmung ist gerettet, Ritchie wechselt erneut die Gitarre und
in dunkelrotem Licht folgt das 'Intro von Ghost of a rose'. Das
Spektrum des Songs reicht von leise bis bombastisch - die Kulisse
der angeleuchtete Burg, Wunderkerzen im Publikum, Candice und
Ritchie registrieren ein Fan-Schild mit der Aufschrift 'Candice,
you are the queen of a rose ' - Die Stimmung ist einfach
phantastisch - es passt bis jetzt einfach Alles! Wenn es doch nur
nicht schon so spät wäre ...
Weiter geht es mit 'Renaissance faire' und die Drehleier
kündet 'The clock ticks on' an - dies soll dann auch der
letzte Song der offiziellen Setlist sein.
Ein Blick auf die Uhr - na, für eine kurze Zugabe sollte es
noch reichen. Das Brummen des Verstärkers der Strat ist zu
hören und BN kommen mit 'Black Night' zurück auf die
Bühne. Ritchie baut in den Song noch das Thema zu 'Woman from
Tokyo' ein - WOW! Mit St. Teresa folgt einer meiner
Lieblingssongs, auch an diesem Abend stimmt hier einfach Alles!
Die Band verabschiedet sich nach diesem Song und verschwindet von
der Bühne. Das Publikum ist aus dem Häuschen und
Zugaberufe erschallen. Tatsächlich kommt Ritchie und seine
Band erneut auf die Bühne zurück. Ich hätte niemals
geglaubt, dass nun nochmals drei Songs folgen: Village lanterne
von der aktuellen CD, Wind in the willows, der beschwingte Song
zum mitmachen sowie Midwinters night / Dandelion wine als bekannte
Songs zum Programmende.
Zufrieden schaue ich in die Menge - es war ein tolles Konzert -
doch Moment, da kommt die Band ja noch einmal zurück. Als
Zugabe Nr. 3 wird 'Beyond the sunset' präsentiert - ich kann
es kaum fassen. Nach dem Song verschwindet die Band gar nicht
richtig hinter dem Vorhang sondern kommt erneut nach vorne.
Es folgen zwei ganz besondere Songs (Spirit of the sea und First
of May) in einer sehr persönlichen Darbietung (Lieber Rainer,
auch an dieser Stelle von hier aus: GUTE BESSERUNG!!!).
Früher Beginn? Sperrstunde? Kurzes Konzert? Wie schon der
Dalai Lama sagt, sind die meisten Sorgen umsonst - so auch an
diesem Abend. Nach über 2:40 Stunden ist das Konzert erst
nach der vierten Zugabe zu Ende - manchem Fan dürfte die
Darbietung am Abend förmlich die Sprache verschlagen haben,
denn beim Weg zum Ausgang kann ich nur ein zufriedenes Grummeln
der Menge vernehmen ...
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