In wollenem Wams und Wickelkleid
Blackmore's Night in Loket / CZ, 2006 - Impressionen von Ralph Grille
Loket: Nachdem Johann Wolfgang von Goethe im Jahre 1807 das
Städtchen Loket (dt. Bezeichnung Ellbogen) bei Sokolov, nahe
Karlsbad, am Fluß Ohre, Westböhmen in der Tschechischen
Republik besuchte; fand am 22.09.2006 - also fast 200 Jahre
später - ein honoriger Zeitgenosse der Gegenwart den Weg
dorthin: der Gitarrist, Komponist, Rainbow-Gründer und
Ex-Deep-Purpler Ritchie Blackmore (geb. 14.04.1945), neben dem
noch profunder Kenner und Förderer mittelalterlichen
Liedgutes. Diese Omnipotenz gestattet den Querverweis auf Goethe,
zumal in beider Leben - bei Blackmore das Spätwerk
ergänzend - von der Öffentlichkeit beachtete Frauen eine
nicht unerhebliche Rolle spielen, hier die minnesingende
Lebensgefährtin Candice Night. Im Gefolge der Beiden befand
sich die Band of Minstrels, welche von Acria fragmenta interitus
supported wurde.
Das Wappen Lokets zeigt einen bewehrten Ellbogen mit Schwert, die
schmalen Gassen, schwarzer Turm, Stadtmauer - droben gar eine
trutzige Burg - wie geschaffen für Mr. Blackmore, der ja - so
der Titel seiner kürzlich erschienen Biographie ("Black
Night" von Jerry Bloom) - ein schwarzer Ritter ist. Das kleine,
aber sehr feine Amphitheater bot ein stilvolles Ambiente für
ein Musikevent mit mittelalterlichem Charakter.
Umso größer die Überraschung, als bereits kurz
nach Beginn des Konzerts "Rainbow-Blues" (Jethro Tull) erklang und
danach Mrs. Night das Publikum erhellte, daß Ritchie vorher
in einer anderen Band (der Name blieb unausgesprochen)
spielte. Damals habe er mit David Coverdale das nun folgende Lied
komponiert "Soldier of fortune", was dann auch altmeisterlich auf
der akustischen Gitarre und mit bemerkenswertem Gesang von Candice
Night zu Gehör gebracht wurde. Es folgte ein bunter Strauss
verschiedener Melodien aus unterschiedlichen Epochen und
Stilrichtungen, präsentiert in wollenem Wams und
Wickelkleid. Der musikalische Bogen reichte von der Renaissance zu
Songs wie "Ministrel Hall", "Ocean Gypsy", "Diamonds and Rust"
über "Purple Haze" von Jimi Hendrix und "Sunshine of your
Love" von Cream bis zu guter Letzt, wobei die Betonung
ausdrücklich auf gut liegt, einer wider erwarten großen
Zahl von Deep Purple- Klassikern. Diese wurden hier und da etwas
umarrangiert vorgetragen, was das uneingeschränkte Wohlwollen
der Fans genoss. Interressant Mrs. Nights fast a-capella- Version
von "Smoke on the Water". Im Laufe des Konzerts war dann, in
voller Länge oder als Fragment. "Black Night", "Women from
Tokyo", "Difficult to Cure" zu hören. Für
Überraschung sorgte das Experiment "Child in Time" mit
akustischer Gitarre und drei Frauenstimmen zu intonieren. Es war
ein ab- wechslungsreicher Abend, von Allem etwas dabei und ein
schönes Wiedersehen und -hören mit Ritchie Blackmore,
der nach dem Konzert geduldig(!) die Autogrammwünsche der am
längsten harrenden Fans erfüllte.
Text: Ralph Grille
Foto: Ralph Grille
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