von Bernd Glückert
Der Abend begann mit allen Widrigkeiten wie Erkältung mit
Fieber, Scheißwetter, verlegtem Autoschlüssel und wahrscheinlich
hat mein Horoskop auch nicht gestimmt. Aber ich bin gefahren, weil
ich von DP-Abenden wusste, dass danach meine Batterie wieder bis
zum Bersten voll war.
Das
Kölner Kasino ist ein Saal für ca. 800 Personen, die wirklich
buntgemischt zwischen Teenie mit ersten Fahrstunden und Frührentner
versammelt waren. Doch was dann auf die Bühne trat, machte
zuerst nicht den Eindruck eingefleischter Profimusiker: Ian war
mir aus vielen Konzerten ein Begriff wie er so in sich ruhend die
Atmosphäre einsaugt. Pete York kannte ich aus den späten
Siebzigern, aber ich erkannte ihn nicht wieder - ich gestehe, ich
dachte, er gehört nicht dazu. Colin Hodgkinson (Bass) hatte
sich nicht viel verändert und Miller Anderson (Gitarre) war
mir noch nie so begegnet.
Was wir erlebt haben an diesem Abend hat Ian in schöne Worte
gekleidet: "We are here to have a nice time with you. It's
a small part of the rock history which will never come back. Let's
enjoy it together."
Es war wirklich ein kleines Stück Rockgeschichte, die sich
nicht wiederholen lässt und die auch nicht reproduzierbar ist.
Nach 4 gemeinsam gespielten Stücken hat Pete York mit seinen
guten Deutschkenntnissen zum Dialog mit dem Publikum übergeleitet.
Ian und Pete nahmen sich geduldig aller Fragen des Publikums an,
erzählten, wie wenig sie Noten lesen können, warum sie
welches Schlagzeug wie spielen, erzählten natürlich über
DP, das neue Projekt, wichtig auch, dass Jon Lord mit seinem Knie
wieder mit von der Partie ist. Die beiden plauderten etwa 40 bis
50 Minuten und schufen eine Atmospäre, als wenn wir uns schon
ewig kannten. Hier kamen keine Götter aus dem Olymp herab um
Ihren Goldstaub zu verteilen - die waren einfach da und hatten Spass
zusammen und wollten 'n bisschen mit dem Publikum plaudern. Und
sie haben sich vom Publikum tragen lassen.
Musikalisch
habe ich einen Pete York erlebt, der (trotz seiner Ähnlichkeit
mit meinem Dad) das Schlagzeug sehr virtuos spielte. Meine Hochachtung:
Was die beiden da rausgehauen haben, war wirklich ein kleines Stück
Rockgeschichte. Die Saitenspieler Colin Hodgkinson und Miller Anderson
haben zeigen können, warum gerade Sie auf dieser Tour dabei
waren und das bleibt auch unvergessen.
Wir haben keinen Abend voller musikalischer Perfektion erlebt, keinen
neuen Meilenstein im Olymp der Schlagzeuger und nichts, wo man seine
Messlatte ansetzen wollte um zu sagen, der kann das aber besser.
Natürlich singt Ian Gillan um Längen besser (und prompt
wurde wieder gefrotzelt, dass er ein toller Sänger ist, aber
eben immer seine Texte vergisst), aber das war nicht Tenor des Abends.
Es war eine ganz eigene Stimmung die nicht verglichen werden braucht.
Die Stimmung war hautnah, authentisch, sie war professionell aber
nicht perfekt. Also das gleiche Geheimrezept, dem Deep Purple ihre
Live-Stimmung zu verdanken haben. Nur der grosse Unterschied war,
dass Ian gesagt hat, er will ans und ins Publikum, um die Leute
zu erreichen. Der kleine Saal hat mit seinem Ambiente die Stimmung
einer grösseren Privat-Fete im Stile der 70er abgerundet und
die Leute zusammengerückt.
Ich habe jeden Augenblick genossen und weiss, dass es sich nicht
wiederholen lässt. Mein Fieber ist weg, meine Batterien sind
wieder bis zum Bersten voll...
Anmerkung The Aviator: Interessant ist, dass
Ian Paice im Gegensatz zu den ersten Konzerten auch bei "Keep
On Running" mitgespielt hat (gemeinsam mit Pete York).
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Ian Paice zeigt den berühmten Einhand-Wirbel |
Pete York |
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Autogramm-Stunde |
Colin Hodgkinson & Miller Anderson |
pics: Andree Schneider
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