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Deep Purple: Rapture Of The Deep
(edel RECORDS, 0165542ERE, CD, Deutschland, 21. Oktober 2005)









von Andree Schneider

Mein (gewagter) Tipp: Das Album wird das hohe Niveau von "Bananas" erreichen.

Wer mein Review über die knapp 15-minütige Promoversion gelesen hat, kennt diese Aussage. Und jetzt, nachdem ich mir die 50-minütige Komplettversion mehrfach reingezogen habe, kann ich glücklicherweise bei meiner Aussage bleiben.
Ist allerdings immer so eine Sache, Alben miteinander zu vergleichen, schließlich hat jedes seinen eigenen Charakter. "Bananas" ist in meinen Ohren ein Geniestreich der besonderen Sorte. Das Album war wie eine frische Sommerbrise. Die Band klang so unbeschwert wie schon lange nicht mehr, und genau das habe ich an "Bananas" so geliebt. Das ganze Album war zudem sehr eingängig und klang wie aus einem Guss.
Für "Rapture Of The Deep" braucht man hingegen einige Durchläufe, denn die Kompositionen sind nicht so leicht zugänglich wie beim Vorgängeralbum. Richtig schwere Kost wird da zum Teil serviert. Das Album ist wesentlich experimenteller und vielschichtiger als "Bananas". Wenn man "Rapture Of The Deep" überhaupt mit einem anderen Deep Purple-Album vergleichen kann, dann noch am ehesten mit "Fireball", denn das hatte ebenfalls einen leicht psychedelischen Touch.
Aber so etwas plant die Band natürlich nicht. Die Jungs gehen ins Studio, jammen drauf los und lassen sich selbst vom Endresultat überraschen.
Wer "Rapture Of The Deep" etwas Zeit gibt wird die gleiche Erfahrung machen wie ich: Das Album wächst mit jedem Durchlauf. Ich bin jedenfalls inzwischen ziemlich begeistert!

Negative Aspekte
"Rapture Of The Deep" hat viele großartige Momente und nur wenige nicht ganz so großartige;-) Von Deep Purple erwartet man immer etwas ganz besonderes, und deshalb fallen Songs wie "Girls Like That", "Don`t Let Go" und "Back To Back" da für mich leider durch´s Raster. Sie verfügen in meinen Ohren nicht über das bestimmte Etwas, klingen für Purple-Verhältnisse zu gewöhnlich. Aber da Musik bekanntermaßen Geschmacksache ist, wird das sicher nicht jeder so sehen.
Damit sind die Schwachpunkte des Albums allerdings auch schon abgehandelt. Nun komme ich zu den positiven Aspekten!

Positive Aspekte
"Ganz besonderes" liefert die Band mit "Money Talks", "Wrong Man", "Clearly Quite Absurd", "Kiss Tomorrow Goodbye", "Junkyard Blues" und "Before Time Began". "Gaaaaaaanz besonderes" liefern Deep Purple mit "Rapture Of The Deep". Dieser Song verdient es wirklich, Titelsong zu sein. Das orientalische Grundthema hätte auch Ritchie zu besten Rainbow-Zeiten einfallen können. Jedenfalls frisst sich die Melodie ziemlich schnell ins Hirn. Ian Gillan singt derart geil, dass einem ein Schauer nach dem anderen über den Rücken läuft. Dieser Song hat das Zeug zum Klassiker. Für mich das absolute Highlight des Albums.
Die Ballade "Clearly Quite Absurd" ist der Nachfolger von "Sometimes I Feel Like Screaming". Fantastisch! Ian Gillan singt derart geil, dass einem ein Schauer nach dem anderen... Scheiße, ich wiederhole mich;-)
"Money Talks" ist der Album-Opener. Beim Orgel-Intro musste ich unweigerlich an Jon Lords Orgelgetöse am Anfang von "Lazy" auf "Made In Japan" denken. "Big Ian" überrascht zum Teil mit Sprechgesang - ungewohnt zwar, aber auch ungewöhnlich gut. Plötzlicher Break - ein orientalisch anmutender Teil mit Hammergesang folgt - Gillan at his best. Klasse Refrain.
"Wrong Man" ist heavy, sehr heavy, groovt mit tiefer gestimmter Gitarre wie die Hölle. Bitte beherzigen: Laut hören!!! Kommt gut, enorm gut.
Bei "Junkyard Blues" haut Don Airey in die Klaviertasten und liefert sich ein schönes Duell mit Steve Morse. Der Song ist gar nicht mal so bluesig wie man auf Grund des Titels meinen könnte. Ist eher eine harte Rocknummer mit einem tollen Refrain.
Die Abgehnummer "Kiss Tomorrow Goodbye" bläst den Staub vom Laser. Da wird Paicey live ganz schön ins Schwitzen kommen;-)
"Before Time Began" ist eines der bemerkens-
wertesten Deep Purple-Stücke, die ich je gehört habe. Seeeeehr experimentell, mystisch, melancholisch, psychedelisch, fast schon theatralisch, extrem abwechslungsreich, vollkommen untypisch und vielleicht gerade deshalb so gut. Instrumental leisten Deep Purple hier Schwerstarbeit. Ob Paicey, Steve, Don oder Roger - jeder zeigt sich von seiner virtuosen Seite. Der Song verbreitet eine ganz besondere Stimmung. Ein kleines Meisterwerk halt. Garantiert nichts zum Nebenbeihören. Sehr beeindruckend. "Gaaaanz großes Kino", würde einer meiner Kumpels sagen.

Deep Purple sind mit "Rapture Of The Deep" garantiert nicht den sicheren Weg gegangen. Aber wie schon erwähnt - das planen die Jungs eh nicht. Das passiert einfach. Tja, sie sind halt immer noch für eine Überraschung gut. Wie lange sind sie schon im Geschäft? ... Waaas? Sooooo lange schon??? Respekt!

9 von 10 Punkten

1. Money Talks (05:32)
2. Wrong Man (04:53)
3. Girls Like That (04:02)
4. Rapture Of The Deep (05:55)
5. Clearly Quite Absurd (05:25)
6. Don't Let Go (04:33)
7. Back To Back (04:04)
8. Kiss Tomorrow Goodbye (04:20)
9. Junkyard Blues (05:33)
10. Before Time Began (06:31)