von Ralf Borgers
anlässlich der Veröffentlichung von "Made In Japan
- The Remastered Edition"
In
Fachkreisen ist "Made In Japan" das Rock-Live-Album überhaupt.
Selbst auf die Gefahr hin, häufig Geschriebenes zu wiederholen,
muss ich an dieser Stelle erwähnen, dass Deep Purple bis zum
heutigen Tage in erster Linie eine Live-Band sind. Im Gegensatz
zu beispielsweise Pink Floyd oder Dire Straits gibt es bei Purple-Konzerten
dauernd musikalische Überraschungen. Hierin ist der Grund dafür
zu sehen, dass die häufigen Tourneeaktivitäten der Band
sowohl offiziell als auch semioffiziell so ausführlich dokumentiert
wurden.
Abgesehen von "Concerto For Group And Orchestra", das
von vornherein als Liveprojekt geplant war, stellte "Made In
Japan" (oder "Live In Japan", wie die Aufnahme in
der japanischen Veröffentlichung benannt wurde) den ersten
offiziellen Konzertmitschnitt dar. Das war nach "Shades Of
Deep Purple", "The Book Of Taliesyn", "Deep
Purple", "Deep Purple In Rock", "Fireball"
und "Machine Head" im Vergleich zu anderen Bands und im
Vergleich zu heute ziemlich spät. Erinnern muss man natürlich
an die Vielzahl von alten Vinyl-Bootlegs aus der Zeit vor 1972 sowie
die vielen Auftritte der Band in der BBC. Heute gibt es von Deep
Purple so viele offizielle Live-Veröffentlichungen wie von
keiner anderen Gruppe.
Die Anregung zu "Made In Japan" ging von der Plattenfirma
in Japan aus. Roger Glover war der Ansicht, dass es ein Doppelalbum
sein solle. Ursprünglich war "Made In Japan" als
"Live In Japan" nur für den japanischen Markt gedacht.
Ian Paice anno `91: "Als wir hörten wie gut die Aufnahmen
klangen, entschieden wir uns, das Album weltweit zu veröffentlichen.
Das war sehr mutig, da wir im Prinzip die gleichen Songs innerhalb
von sechs Monaten zum zweiten Mal rausbrachten, denn das meiste
Material stammt von "Machine Head". Wir haben den Leuten
also innerhalb kürzester Zeit eigentlich zweimal das gleiche
verkauft. "Made In Japan" gibt genau das wieder, was die
Band in dieser Zeit live auf der Bühne zustande brachte. Auch
heute noch klingt das Album einfach phänomenal."
Das Cover von "Live In Japan" ziert ein Foto der Gruppe
in Aktion. Später sollten dann zwei Einzelplatten in Europa
auf Purple Records erscheinen, für die die Katalognummern TPS
3511 und 3512 freigehalten wurden. Letztendlich wurde doch eine
Doppel-LP veröffentlicht und zwar unter TPSP 351. Wie schon
bei "Live In Japan" (Warner Bros. P-5506 W) wurde ein
aufklappbares Cover verwendet. Die Gestaltung der Plattenhülle
von "Made In Japan" wurde durch Roger Glover vollkommen
überarbeitet und zeigt auf der Titel- und Rückseite Schnappschüsse
von Deep Purple bei der "Arbeit" und im Innenteil nähere
Angaben zur Doppel-LP sowie Fotos der einzelnen Akteure, angeordnet
nach dem Muster der japanischen Kriegsflagge.
Während Deep Purple für die Aufnahmen zu "Machine
Head" das Mobile Studio der Rolling Stones angemietet hatten,
kam für "Made In Japan" eine von Warner Bros. organisierte
achtspurige mobile Aufnahmeeinheit zum Einsatz, bei deren Ansicht
Purple`s Produzent Martin Birch vor Entsetzen die Hände über
dem Kopf zusammenschlug. Beim Durchhören der Bänder in
London waren Ian Gillan und Roger Glover von den Aufzeichnungen
der erbarmungswürdigen Maschine äußerst positiv
überrascht. Der kleine Japaner hatte den perfekten Livesound
eingefangen.
Zum Einundzwanzigjährigen von "Made In Japan" kamen
1993 in Europa und Japan 3-CD-Sets mit 24-seitigen Booklets heraus,
deren Zusammenstellung und Gestaltung Simon Robinson (DPAS) übernommen
hat. Jede CD enthielt Aufnahmen von einem Konzert, also von Osaka
(15. und 16.08.1972) und Tokyo (17.08.1972). Wegen mangelnder Laufzeitkapazitäten
konnten auf der 3er-Ausgabe jedoch nicht die kompletten Konzerte
untergebracht werden.
Nach Veröffentlichung der Remasterten Fassung von "Made
In Japan" fehlt jetzt nur noch "Black Night" vom
16. August 1972 aus Osaka. Ansonsten wurden inzwischen alle der
damals gespielten Songs offiziell herausgebracht. Hoffen wir also
diesbezüglich auf das Jahr 2002, dem 30. Jahrestag von "Made
in Japan"...
Quelle: The Aviator No. 5, April 1998
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