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Here we go

Witchy Nightmare, Samstag, 09. Juli 2016, 09:51 (vor 2863 Tagen) @ Norbert

Folks, es kommt für mich ein wenig überraschend, hier nach einem Statement gefragt zu werden. In der Vergangenheit hatte ich eher den Eindruck, zumindest einem Teil der Forumsleserschaft eher dann einen Gefallen zu tun, wenn ich mich hier heraushalte. ;-)

Ich bin sehr froh, dass ich alle drei Rainbow-Shows besucht habe. Es waren möglicherweise die letzten überhaupt, und ich würde mich sehr ärgern, wenn ich es nicht gemacht hätte. Gelohnt hat es sich auf jeden Fall.

Muss allerdings auch der Ehrlichkeit halber feststellen, dass die große Erhabenheit vergangener Zeiten nicht mehr zu spüren war. Aber das konnte man ja auch nicht erwarten. Herr Blackmore ist 71, und die Zeiten, zu denen er sich als Rockmusiker weiterzuentwickeln und neue Sphären zu entdecken versuchte, sind bekanntermaßen lange vorbei. Es hatte viel Nostalgisches, viel Vergangenheitsorientiertes, und das war ja auch die Absicht dahinter.

Musikalisch ließ es sich etwas mühsam an, wurde dann aber deutlich besser. Die ersten beiden Stücke bei der ersten Show auf der Loreley - Highway Star und Spotlight Kid - fand ich ziemlich unrund, ab Mistreated steigerten sie sich dann. Insgesamt fand ich die Loreley-Show ziemlich Richtung "play it safe", insondere seitens Herrn Blackmore. Bietigheim und Birmingham waren dann deutlich gelöster, mit mehr Improvisation, mehr Spielfreude, mehr Rock'n'Roll.

Zu den Musikern im einzelnen:

Ronnie Romero ist eine Granate. Eine Wahnsinnsstimme, ein fantastisches Feeling für die Songs, und eine exzellente Vorbereitung, null Textschwächen. Kein einziges Stück ist deutlich gegenüber den anderen abgefallen, auch nicht die Gillan-Sachen. Child In Time war unglaublich. Und ich fand seine ganze Bühnenpräsenz, auch die Ansagen, sehr gelungen, sehr sympathisch.

Jens Johansson ist genau der richtige Keyboarder für diese Songs. Bei einem Rainbow-Konzert will ich Klassik auf dem Keyboard, und die hat es gegeben. Z.T. hat er 1:1 Jon Lord zitiert, aber das kennen wir von Don Airey ja auch.

Bob "Nouveau" Curiano ist ein sehr interessanter Bassist. Er hat den Basslinien eine ganz eigene Note gegeben, völlig anders, als wir es von Roger Glover, Glenn Hughes, Jimmy Bain, Bob Daisley oder Greg Smith kennen. Hat mir sehr gut gefallen.

David Keith am Schlagzeug war der Schwachpunkt. Er hat seinen Part sauber und solide gespielt, aber es war nicht aufregend. Kein Vergleich zur Spektakularität eines Cozy Powell. Auch die Prägnanz eines Bobby Rondinelli erreicht er nicht. (Mit Ian Paice vergleiche ich eh niemanden.) Und selbst Chuck Burgi, dessen größter Fan ich keinesfalls bin, hat mir im Vergleich besser gefallen, da er einfach mehr Alarm am Schlagzeug macht. Kaputt gemacht hat David nichts, mache Sachen (Mistreated, Stargazer) fand ich ziemlich gut getrommelt, aber vom Glanz eines Ronnie Romero oder Jens Johansson ist er weit weg.

Und der Meister? Nun, bei der ersten Show hat Herr Blackmore sehr defensiv und sparsam gespielt, war offenbar unsicher. Bei den anderen beiden Shows war er sehr nah am Blackmore früherer Jahre. Auffällig: Er hat auf viele Intros, die er früher live vor die Songs gepackt hat (Mistreated, Catch The Rainbow, Difficult To Cure), verzichtet. Das Burn-Riff (das haben sie nur in Birmingham gespielt) hat er gegenüber früher etwas vereinfacht. Das Intro zu Highway Star war auch simpler, als wir es von DP kennen. Er hat also ein wenig auf die Opulenz früherer Jahre verzichtet. Solistisch hat er allerdings in Bietigheim und Birmingham geglänzt, und das ist mir wichtiger als die weggefallenen Intros. Was allerdings vielen Beobachtern aufgefallen ist: dass ihm manche Passagen, z.B. die Triolen im Solo bei Highway Star, nicht mehr so leicht von der Hand gehen wie früher.

Die Setlist wurde von Show zu Show besser. In Bietigheim - und nur dort - haben sie 16th Century Greensleeves gespielt, und in Birmingham - auch nur dort - Soldier Of Fortune und Burn.

Das Publikum: Bei den Shows in Deutschland war es eine quasi geschlossene Seniorengesellschaft. Ich mit meinen 51 Lenzen fühlte mich eher unter als über dem Altersdurchschnitt. Im Birmingham war es interessanterweise anders, da waren viel mehr junge Leute am Start, und die sind richtig abgegangen. Vor mir standen zwei vergleichsweise junge Frauen (Anfang 30 oder so), die fast das ganze Konzert inkl. der weniger bekannten Songs wie Spotlight Kid komplett mitgesungen haben. Respekt. Allerdings haben mich die Engländer ingesamt eher enttäuscht - bei "Land Of Hope And Glory" sind sie völlig abgegangen, beim Konzert selbst haben sie sich schnell beruhigt, das genannte Jungvolk ausgenommen.

Fazit: Wenn man sich klar macht, dass es nicht mehr so sein kann wie in den 1970ern (und das kennen wir ja auch von DP), dann kann ein Rainbow-Konzert auch jetzt noch viel Spaß machen. Die Songs sind unsterblich, Monumente für die Ewigkeit. Müsste ich noch einmal entscheiden, ich würde wieder alle drei Konzerte besuchen.

Long live rock'n'roll!
Witchy


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