von Andreas Heuer
Blackmore's Night Fires bis Midnight
Am 31.7. um kurz vor Mitternacht war das Konzert der "Fires
At Midnight"-Tour zu Ende. Nach dem Besuch wussten wir, warum
die dritte CD von Blackmore's Night so heisst. Trotzdem dauerte
das Konzert nur 105 Minuten. Leider. Es gab nur eine Zugabe. Die
zweite und dritte Zugabe mit der E-Gitarre fielen aus. Immerhin:
Um 19:30 Uhr dieses Abends standen wir noch kurz davor, dass wir
gar kein Konzert gesehen hätten, aber dazu später.
Zunächst in Kürze: Das Konzert war gut, zaehlt sicherlich
zu den besseren 50% der Konzerte, die ich gesehen habe (und das
waren seit 1977 so einige).
Ab 18:45 Uhr standen wir VOR dem Schillertheater in der (kurzen)
Schlange. Zum Glück (Gewitterguss) war die Eingangstreppe zum
Theater überdacht. Zum Glück insbesondere, weil wir warteten
und warteten. Um 19 Uhr: kein Einlass. Um 19:15 Uhr: Kein Einlass.
Dann die Ansage: Es gibt technische Probleme. Um 19:45 Uhr(!!),
die breite Eingangstreppe war bereits überfuellt, die Neuankoemmlinge
standen meist unter Schirmen vor dem überdachten Bereich auf
dem Zufahrtsweg zum Theater, endlich die Okay-Zeichen innen und
wir kamen hinein. Auf der Bühne loderten einige Feuer, sie
wirkte wie ein Burgvorplatz. Die Keyboards und das Schlagzeug waren
wie Steinbrunnen verkleidet, ansonsten viele Pflanzen auf der Bühne,
selbst die Mikrofone waren "berankt". Den Hintergrund
bildete die mächtige Hauswand der Burg mit einem großen
Eingangstor. Dann sahen wir die Batterie an Instrumenten: Flöten,
Geigen, Handtrommeln, Gitarren (über 10?).
Um 20:45 Uhr endlich die angekündigte Vorgruppe "Mostly
Autumn". 2 Frauen und 1 Mann aus England - Stil vielleicht
"Enya" als Trio. Der Mann spielte bei den 7 oder 8 Liedern
Akustikgitarre, die eine Frau war die Flötistin (Querflöte,
Blockflöte, Oboe, Tin Whistle, ..), die andere die "Chefin"
der Gruppe, die Flöte, Geige, Gitarre, Tambourin, Bodhran spielte
und manchmal auch sang. Mostly Autumn war ein ruhiger, melodischer
Auftakt für den Abend.
Dann kamen vier Männer in mittelalterlicher Kleidung auf die
Bühne und machten mit altertümlichen Instrumenten witzige
mittelalterliche Musik, teilweise auch instrumental. Es waren "Des
Geyers schwarzer Haufen", seit 14 Jahren mit Blackmore in Kontakt
und Stamm-Vorgruppe von Blackmore's Night. Die mittelalterliche
Musik und die Gags des Sängers als Überleitungen waren
passend zu Blackmore's Night. Derjenige, der (mit krausen Haaren,
Rauschebart, ..) die Flöten und anderen Blasinstrumente spielte,
sollte nachher auch noch beim Haupt-Act eine Rolle spielen...
Dann
ging das Hallenlicht an und es war wieder Pause. Mittlerweile war
es 21:30 Uhr. Um 21:40 Uhr kam dann aber ein Mitglied der Blackmore's
Night-Crew auf die Bühne mit der entscheidenden Ansage des
Abends: Er entschuldigte sich vielmals für die Verzögerung,
auch für das Warten vor der Tür, aber das Konzert galt
mittags eigentlich schon als abgesagt. Candice Night war krank,
eine fiebrige Erkältung. Mit Hilfe zweier Ärzte wurde
Candice dann "fitgespritzt". Und mit den Worten: "Wir
hoffen, dass Candice heute abend so lange wie möglich durchhält"
ging dann das Licht aus. Das Instrumental-Intro von "Shadow
of the Moon" begann. Zu diesem Zeitpunkt waren 6 Musiker auf
der Bühne: Ritchie (Gitarre), zweite Gitarre, Bass, Keyboards,
Schlagzeug und .. hinten links eine Background-Sängerin. Am
Ende des Intros kam dann auch Candice Night auf die Bühne -
sie wirkte von weitem wie die junge Stevie Nicks, wie ein Rauschgoldengel.
Als sie anfing zu singen, hörte man trotz der Krankheit ihre
glockenklare Stimme, aber im Vergleich zur Musik zu leise. In späteren
Liedern hatte die Technik das dann besser im Griff und drehte das
Mikro von Candice wohl voll auf. Das Problem blieb nur bei den Ansagen
zwischen den Liedern, bei denen man mucksmäuschenstill sein
musste, um mitzukriegen, was Candice so sagte. In lauten Passagen
und beim Refrain-Gesang hat sich die Background-Sängerin wohl
dann noch unheimlich ins Zeug gelegt, damit die leise Stimme von
Candice lauter klang. Schon vorweggenommen: Bei der Bandvorstellung
durch Candice zum Schluss bekam die Backgroundsängerin nicht
nur von Candice ein spezielles Dankeschön, sondern auch vom
Publikum den tosendsten Applaus.
Ansonsten war die Musik perfekt, die Stimmung auf der Bühne
fröhlich, die Musiker scherzten waehrend der Ansagen mit Candice,
wir bekamen leider nicht alle Gags mit. Als fuer Ritchie ein hüfthohes
Mikrofon aufgebaut wurde für eine Mandoline, sagte Candice
beispielsweise mit ihrem Dauerlächeln und mit ihrer Engelsstimme
"aaaah, das ist das Mikrofon für Ronnie James Dio".
Ein zweiter Gag: Als Candice eine Art Dudelsack vor einem Lied aufgepumpt
hatte und sie gerade noch das Lied erklären wollte (erste Strophe
in einem alten französischen Dialekt), ging plötzlich
der Dudelsack von allein los mit einigen Tönen. Im nächsten
Moment spielte der Keybaorder dann die gleichen Töne nach am
Synthesizer. Candice meine trocken "Duuu nicht, Dir darf das
nicht passieren, Du hast ein besser kontrollierbares Gerät
als meines".
Positiv überraschend auch die Arrangements: Der zweite Gitarrist
spielte meistens Geige, manchmal auch Flöte, manchmal spielte
dann die Backgroundsängerin auch Gitarre und Candice und der
Gastmusiker von den "Geyers" eine Bagpipe ... Hier gab
es also neue Arrangements im Vergleich zu den CD-Versionen. Wer
etwa das Titellied von "Fires At Midnight" kennt, wird
auf das E-Gitarren-Solo gewartet haben - denkste, Blackmore spielte
weiter Akustikgitarre und das Solo "bekam" der Geiger
- ein tolles Geigensolo mit Standing Ovations. Nach Blackmore, Candice
und der zweiten Sängerin war der Geiger der vierte Star des
Abends. Die anderen drei Musiker fielen nicht weiter auf.
Die Schwachpunkte am guten Konzert: Bei der Band-Vorstellung war
Blackmore schon verschwunden, als Candice Night auf ihn zeigen wollte.
Blackmore ist eben Blackmore - sehr eigenwillig, aber genial im
Spiel. Zweiter Schwachpunkt: Stimmung kam immer nur kurzfristig
auf, es wurde laut mitgeklatscht, auch mitgesungen, "heys"
mitgerufen, aber nie standen viele Reihen über längere
Zeit - trotz voller Bestuhlung ist es möglich, den halben Saal
aus den Sitzen zu reißen. Dritter Nachteil: Nach der ersten
Zugabe war eine zweite geplant, die Bühne blieb dunkel, die
Techniker schauten hinter die Kulissen, wann die Band wiederkommt,
Stakkato-artiger Applaus aus dem Publikum mit Füßetrampeln
etc., .. plötzlich die Meldung von hinten: nichts geht mehr
(um 23:30 Uhr, also nach 1 Stunde und 45 Minuten, war Schluss).
Die E-Gitarre stand unbenutzt auf der Bühne.
Ob das der Krankheit von Candice Night geschuldet war oder der
Laune von Ritchie - wir wissen es nicht. Auf Deep-Purple-artige
Soli von Ritchie mussten wir verzichten. Dafür gibt es Dienstag
einen Ausgleich: Deep Purple in Rostock. Steve Morse wird die E-Gitarre
dabei haben...
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Andreas Heuer
pic: Hilmar Ransch
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