von Jürgen Emmes
Deep Purple am "Top of Europe"
Am 15. April 2000 fand ein ganz besonderes Deep Purple-Konzert
statt. Die Band spielte in 2000 m Höhe auf der Kleinen Scheidegg
in der Schweiz. Dieser Berg ist das Zentrum der Jungfrau-Region,
unmittelbar vor einer der schönsten Kulissen der Welt: Die
Berge Eiger, Mönch und Jungfrau. Von der Kleinen Scheidegg
aus führt die Jungfraubahn hoch auf das Jungfraujoch, dem Top
of Europe. Da ich selbst vor einigen Jahren in dieser herrlichen
Gegend Urlaub gemacht hatte, musste ich natürlich meine Lieblingsband
auf der Scheidegg sehen. Schnell fanden sich noch 3 weitere Mitfahrer,
darunter auch Aviator-Mitglied Ralph Binder, so dass die Benzinkosten
für die über 500 km lange Fahrtstrecke in erträglichem
Rahmen blieben. Die Eintrittskarten konnten wir zu einem Preis von
ca. 90.- DM über den Fremdenverkehrsverein in Interlaken bestellen.
Dabei war im Preis neben dem Eintritt auch die Fahrt mit der Jungfraubahn
zur Kleinen Scheidegg enthalten.
Bei relativ starkem Osterreiseverkehr ging´s frühmorgens
los über die Autobahn in Richtung Schweiz. Aufgrund eines Zündproblems
an unserem PKW sowie einigen Staus kamen wir erst sehr spät
in Grindelwald an. Enttäuschend war, daaa aufgrund von starken
Regenschauern und tief hängenden Wolken von dem herrlichen
Jungfraumassiv nichts zu sehen war. Erste Hinweise auf das Konzert
sahen wir an der Talstation. Dort war ein Infoschild mit einem Foto
von Deep Purple aufgestellt. In der Wartehalle sahen wir auf einem
Monitor Live-Aufnahmen von der Kleinen Scheidegg. Sehr schnell wurde
uns klar, dass wir bald mit der Zahnradbahn in den tiefsten Winter
fahren würden. Es war sehr starker Schneefall zu erkennen.
Aber Gott sei Dank waren wir warm angezogen. Nach kurzer Wartezeit
ging´s dann hoch mit der Zahnradbahn in Richtung Kleine Scheidegg.
Bereits nach wenigen Meter begann Schneeregen und kurze Zeit später
starker Schneefall. Die Schneemengen wurden bis zur Endstation immer
mehr, und somit sah man beim Ausstieg aus der Bahn fast nichts.
Schnell begaben wir uns zum Eingang. Von weitem war bereits die
Musik der Vorgruppe Autseid zu hören (die erste Band V.I.P.
hatten wir aufgrund unseres späten Eintreffens nicht mehr gehört).
Langsam war auch die Bühne, welche in einer kleinen Senke lag,
zu erkennen. Enttäuschend war für mich, dass nicht mehr
Zuschauer anwesend waren. Vermutlich wurden viele durch das schlechte
Wetter zurückgeschreckt. So gelangten wir schnell in Richtung
Bühne, wobei das Bewältigen dieses kurzen Weges mehr einer
Rutschpartie glich. Erfreulich war auch, dass wir die Bekanntschaft
eines weiteren Aviator-Mitgliedes, Felix Waldispühl, machten.
Pünktlich gegen 14.30 Uhr wurden die Deep Purple Mitglieder
mit einem Kettenschneemobil zur Bühne gefahren. Kurz darauf
ging dann das Konzert los, wobei insbesondere Ian Gillan´s
kurzärmliges Hawai-Hemd auffiel (siehe Foto), während
Jon Lord dagegen einen langen Pelzmantel trug. Da
es doch relativ kalt war, hatte die Organisatoren am Bühnenrand
zwei riesige Gasheizer aufgestellt, welche speziell von Steve Morse
oft benutzt wurden. Ihm schienen zwischenzeitlich manchmal die Finger
abzugefrieren. Deep Purple spielte viele bekannte Songs von "Woman
From Tokyo", über "Pictures Of Home", "Bloodsucker",
"Sometimes I Feel Like Screaming", bis zu "Smoke
On The Water" (mit typischem Morse-Intro) mit bekannter Routine.
Auch schien es der Band trotz Schneesturms, Kälte und vom Bühnendach
herabstürzender Schneemassen Spaß zu machen, bei einem
solchen snOwPEN-AIR zu spielen. Danach kam für mich als Highlight
eine sehr gute und lange Version von "Fools", wobei hier
insbesondere Jon Lord und dann auch Steve Morse brillierten. Danach
ging´s weiter mit einem Morse-Solo, "Black Night",
Jon Lord-Solo und "Speed King". Bei diesem Song gab es
ebenfalls wieder verschiedene Solo-Einlagen, wobei insbesondere
Ian Gillan´s "Schweizer Yodel" interessant war.
Als Zugabe gab es die altbekannten Songs "Lazy" und natürlich
zum Abschluss "Highway Star". Nach ca. 100 Minuten war
das Konzert zu Ende. Genau in diesem Moment riss die Wolkendecke
auf und in strahlendem Sonnenschein konnte man nun das Jungfrau-Panorama
und die umliegenden Berge sehen. Die Reflektion der Sonnenstrahlen
durch den Schnee war so stark, dass man kaum mehr aus den Augen
sehen konnte. Umso trauriger war es, dass wir die Rückfahrt
zur Talstation wieder antreten mussten.
Für mich war es ein besonderes Konzert, da es nicht alltäglich
ist, eine so bekannte Band wie Deep Purple in 2000 m Höhe und
bei starkem Schneefall spielen zu sehen. Es war einfach mal etwas
anders, als 50 oder 100 km zu fahren, sich in eine Halle zu begeben
und bei teilweise subtropischen Temperaturen ein Konzert zu genießen.
Was mich weniger freudig stimmte ist die Tatsache, dass die Band
mal wieder fast nur auf alt bekannte Klassiker zurückgriff.
Dass es auch anders geht, zeigt die hervorragende Version von "Fools".
Dennoch: Auf jeden Fall sollten solche außergewöhnlichen
Konzerte wie auf der Kleinen Scheidegg wiederholt werden.
pic oben: Jürgen Emmes
pic unten: Günther Mrowietz
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