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Deep Purple - Live 2003
Bad Arolsen, Richard-Beckmann-Stadion, 18.06.2003

von Klaus Horn

Deep Purple auf dem Hessentag, Bad Arolsen

Für alle Nichthessen: der Hessentag ist eine Veranstaltung, die jedes Jahr in einer anderen hessischen Stadt stattfindet; im Laufe einer Woche gibt es da allerhand zu sehen, hören, essen und natürlich zu trinken. Als der Hessentag vor einigen Jahren in meiner Heimatstadt abgehalten wurde, gab es die Zillertaler Schürzenjäger- und in Bad Arolsen nun Deep Purple (grrr, das Leben ist nicht fair).
Auf dem Weg nach Bad Arolsen wurde man erst mal kilometerweit durch irgendwelche Wälder und Truppenübungsplätze geleitet, vorbei an etwas, das wie ein Kneippbad für Panzer aussah (wahrscheinlich eine Panzerwaschanlage), und das alles im Schritttempo, weil ich nicht der einzige war, der nach Arolsen wollte.
Der bereits seit einer halben Stunde angekündigte Großraum-Parkplatz machte seinem Namen alle Ehre. Wenn ein Drittel aller Chinesen sich dicht nebeneinander stehend auf diese Fläche zwängen würde, dann würden bis auf drei alle draufpassen (naja, vielleicht auch nicht; auf jeden Fall war die Parkfläche verdammt groß...)
Um zum Stadion zu gelangen, musste man den Menschenmassen folgen, und schon bald bestätigte immer lauter werdende Musik, dass man sich tatsächlich in der richtigen Schlange befand (es handelte sich dabei um die Vorgruppe, die bereits fertig war, als ich endlich das Stadion erreichte, weshalb ich nicht mehr über sie sagen kann).
Lynyrd Skynyrd machten einen guten Job, und die Zugabe Free Bird war absolut klasse. Der Sänger hatte zuvor die Menge gefragt, was sie hören wollen, wohlwissend, dass die Fans nach diesem Stück verlangen würden. Ian Gillan verkneift sich solche Fragen lieber, sonst müsste er auf seine alten Tage doch noch mal Child in time singen.
Die (nicht von Lynyrd Skynyrd, sondern von einem Würstchenstand) angebotenen Riesen-Krakauer waren nicht so ganz durch, am Bierstand ging’s nicht schneller voran wie vorher auf der Straße, aber dafür konnte ich feststellen, dass an dem Cocktailstand genau die selben feurigen Brasilianerinnen bedienten, die mich bereits eine Woche vorher bei einem Fest im Odenwald durch ihre Präsenz fast dazu inspiriert hätten, einen Cocktail zu trinken, obwohl ich diese Dinger hasse.
Nachdem es mir gelungen war, mich in der Pause nach vorne zu schleichen, konnte ich die Bühne recht gut einsahen. Mir war erzählt worden, dass einer der Höhepunkte bei dem Konzert in Karlsruhe der Auftritt eines Purple-Roadies mit einem Staubsauger war (wohl um die Bühne nach LS für Big Ians nackte Füße in einen Wohlfühl-Zustand zu versetzen). Falls hier auch ein Staubsauger zum Einsatz kam, habe ich ihn verpasst.
Lediglich Little Ian konnte ich von meinem Platz aus vor lauter Schlagzeug nicht sehen. Es war aber unüberhörbar, dass er da war. Roger trug zunächst zu seinem Kopftuch eine Sonnenbrille, die er später abnahm (wahrscheinlich hatte er sich gewundert, dass es schon so dunkel ist).
Opener war Highway Star, gefolgt von Mary Long, das nun auch schon seit drei Jahren im Set ist. Danach gab’s eine ordentliche Version von I’m alone, das vor dieser Tour noch nie live gespielt wurde. Danach kam Pictures of home; ein Song, von dem nicht wenige meinen, er sei nun oft genug gespielt worden (aber man kann es bekanntlich nicht allen recht machen).
Pünktlich zu Haunted betrat ein Gespenst die Bühne - nein, es war doch Ian Gillan, der sich umgezogen und eine seiner unsäglichen weißen Kutten, die er seit dem Royal-Albert-Hall-Konzert so gerne trägt, angelegt hatte. Der Song begann mit einem Intro durch Steve und Don in etwa der Art, wie auch schon When a blind man cries live eingeleitet worden war. Was soll ich sagen? Der Song riss mich nicht so mit, dass ich mir spontan die Klamotten vom Leib gerissen und in die tobende Menge geworfen hätte. Muss ich mir wohl auf der CD Ende August noch mal genau anhören...
Es folgte eine Version von Speed King, die verglichen mit denen, die man mitlerweile gewohnt ist, recht kurz ausfiel; so war auch das „Duell“ zwischen Steve und Don eher ein Duellchen. Steve überzeugte bei Well dressed guitar, wobei Don mehr Keyboard- Work einbrachte als das in früheren Versionen des Stückes der Fall gewesen war. Bei Lazy konnten die Jungs ordentlich brillieren.
Dann folgte der zweite Song der neuen (zukünftigen) CD „Bananas“. Leider hatte ich die Bananen vergessen, die ich eigentlich anlässlich des neuen Albumtitels auf die Bühne werfen wollte. So musste sich Big Ian mit einer eingeschweißten Rose begnügen, die eine Verehrerin (ich nehme jedenfalls an, dass es kein Verehrer war) auf die Bühne warf. Titel: I’ve got your number. Ich kann mich nur noch erinnern, dass mir der Mittelteil des Stückes besser gefallen hat als der Rest, ansonsten hatte ich eher den Eindruck, dass die beiden neuen Stücke die schwächsten des Abends waren; trotzdem tat es natürlich gut, mal was neues zu hören (zumal man ja auch neugierig ist).
Don Aireys Solo (gespickt mit Mozarts Rondo alla Turca, dem Thema aus Star Wars und was weiss ich mit was noch allem) war sehr gut und leitete gelungen zu Perfect Strangers über, das wohl für mich den Höhepunkt des Abends bot. Das unvermeidliche Smoke on the water wurde mal wieder eingeleitet durch Steve Guitar-Parade, und eine kurze Version von Space Trucking beendete den Set. Als Zugaben wurden Hush und eine längere und ordentliche Version von Black Night gegeben.
Was kann man über das Konzert sagen? Für meinen Geschmack waren die Stücke durchgängig zu kurz, wodurch sehr wenig Raum für Improvisationen (die nun mal bei Purple Salz, Pfeffer, Curry und Maggi in der Suppe sind) ließen. Dass alle fünf Ausnahmekönner sind, wissen wir ja, aber es fehlte ein bisschen das gewisse Etwas. Ansonsten waren die Jungs ziemlich gut drauf. Bei Roger fiel auf, dass er gegen Ende die Songs lauthals mitsang. Gottseidank (auch gemäß der eigenen Einschätzung seiner Stimme) hatte er jedoch kein Mikrofon. Wenn ich das richtig erkennen konnte, trank er während der Show Bitburger. Darüber, was Big Ian vor der Show getrunken hatte, möchte ich nicht nachdenken; er war jedenfalls gut bei Stimme und auch bei Laune, und seine Füße waren am Schluß ganz schön schwarz. Steve versuchte seinen eigenen Rekord im Dauergrinsen zu überbieten und Don kam zur Zugabe mit einem recht- sagen wir mal gewöhnungsbedürftigen Hut zurück.
Das Konzert war okay, aber als Purple-Fan ist man schließlich verwöhnt. Bei früheren Tourneen hätte ich mir nach einem Purple- Konzert am liebsten am nächsten Tag gleich noch eins reingezogen (oder habe es getan); dieses Bedürfnis verspürte ich nach diesem Konzert nicht. Ich denke mal, dass die anderen Konzerte auf der Tour ziemlich gleich klangen wie dieses. Das war nun mal früher nicht so, als jedes Konzert eine eigene Seele hatte.
Aber wir wollen nicht meckern; das Konzert war okay, es hat nicht geregnet, ich habe mein Auto wiedergefunden und bin problemlos heimgekommen (vielen Dank an die Leute, die mir Starthilfe gegeben haben).
Freuen wir uns also auf „Bananas“ und hoffen, dass nicht zu viele faule dabeisein werden...