Infos, Downloads u.v.m.
Deep Purple - Live 2003
Berlin, Columbiahalle, Release Party von "Bananas", 20.08.2003

von Lars Wehmeyer

EIGENTLICH hatte ich überhaupt nicht vorgehabt, wegen der Bananas Release-Party am 20.08.2003 nach Berlin zu fahren, doch zum Glück kam mal wieder alles anders, und ich war da, als Deep Purple vor einer relativ kleinen, aber begeisterungsfähigen Menge ihr neues Album "Bananas" vorstellten.

Den Set-Opener "Highway Star" verbrachte ich im Fotographen-Graben direkt vor der Bühne, daher keine Details zum Song selbst. Die Bilder befinden sich ganz unten auf dieser Seite!

Die ersten Töne von "Knockin' At Your Backdoor" weckten eine gewisse Begeisterung, da dies einer der Songs war, der mir bei den letzten Demon's Eye-Konzerten mit am besten gefallen hatte. Auch hier machte der Song viel Spass - eine lange nicht mehr im Original gehörte Nummer!

Danach kündigte Big Ian, der bei bester Laune zu sein schien, das erste Lied der neuen Scheibe "Bananas" an: "BlalalalalaSilverTongue" - typisch Gillan! Der Song mit seinem ziemlich harten Grundriff kam sehr gut an - vor allem aber faszinieren die filigranen parallel gespielten Zwischenparts von Steve und Don, die bei der Uraufführungsparty in Essen wegen des Sounds nicht so ganz optimal rüberkamen - hier war jetzt alles da, jeder Ton zu hören (Truppi erzählt, am Vortag waren drei harte Stunden Soundcheck angesagt, weil die ganze Show u.a. auch fürs Fernsehen aufgenommen wurde).

Nach dieser Welturaufführung (zumindest live) von "Silver Tongue" kam dann wieder ein Klassiker: "Lazy" kam mir gegenüber den letzten Konzerten etwas verlängert vor - immer noch kein Vergleich mit den Endlosversionen aus den 70ern, aber immerhin.

Es folgten drei Lieder von der neuen Scheibe: zuerst kündigte Ian Gillan "Contact Lost" mit der ganzen Entstehungsgeschichte an, wobei er das Publikum erst um ein wenig Ruhe bitten mußte ("this is a serious thing") und vorschlug, das "Happy Birthday"-Singen (er hatte am Vortag Geburtstag) auf später zu verschieben. Ian erzählte, dass ein Crewmitglied an Bord der verunglückten Raumfähre "Columbia", Kalpana Chawla, Deep Purple Fan war (die Crew ließ sich übrigens jeden Morgen mit "Space Truckin'" wecken), und die fünf Musiker hatten engen Kontakt zu dieser Weltraum-Mission. Als die Fähre dann in der Luft explodierte, trafen sich Deep Purple im Studio, und Steve Morse bestand darauf, die Gedanken, die er anläßlich dieses traurigen Ereignisses hatte, musikalisch auszudrücken - daraus entstand "Contact Lost". Beim Spielen dieses Stückes stellt sich dann tatsächlich wieder einmal so ein "Magic Moment" ein, bei dem man wieder weiß, warum man Deep Purple Fan ist: Steve steht in einem Scheinwerferkegel, dazu die melancholisch-traurigen Klänge der Gitarre - es erinnerte mich sehr an mein erstes DP-Konzert, bei dem ich bei "Sometimes I Feel Like Screaming" sehr ähnliche Empfindungen hatte.

Das nächste Stück, "Haunted", schaffte es diesmal auch, mir eine Gänsehaut über den Rücken laufen zu lassen - in Bad Arolsen kam mir das Stück noch etwas zu glatt und kommerziell vor, nach mehrmaligem Hören der neuen Platte hat es sich aber tief in meine Hirnwindungen eingefressen, und auch die Live-Version ist einfach nur schön.

Es folgt erneut eine Welturaufführung: "Bananas", der Titeltrack der neuen Scheibe. Auf der Platte selber ist mir dieser Song nicht besonders gut in Erinnerung geblieben, er ist doch recht komplex und auch rhythmisch anspruchsvoll (Ian erwähnte extra nochmal, dass es sich um ein Stück im 7/8-Takt handelt). Live ist dieser Song eine Granate! Besonders die Duelle in den Zwischenstück geben Don und Steve ausgiebig Raum, alles aus ihren Instrumenten herauszuholen.

Da Steve sich gerne gut kleidet und auch ein kleiner Snob ist (so Ian Gillan bei der Ankündigung des Songs), handelt das nächste Stück ein wenig von Haute Couture in der Welt der sechs Saiten: "Well Dressed Guitar". Hier fand ich es, wie auch schon auf den vergangenen Konzerten, schade, dass die filigrane Gitarrenarbeit von Steve etwas in Dons Keyboard-Bombast untergeht - weniger wäre hier mehr! Trotzdem ein immer wieder beeindruckendes Stück, wie auch die (offensichtliche) Deep Purple Novizin direkt vor mir zu denken schien.

"House Of Pain", eines der stärksten Rockstücke auf der neuen Platte, funktionierte live ganz hervorragend - auch die bereits im Vorfeld so gelobte Cowbell wurde von Paicey zum Einsatz gebracht. Im Anschluss durfte sich Don Airey mit seinem Solo präsentieren. Leider war das Solo, bis auf den Einbau einer kurzen "Deutschlandlied"-Sequenz, identisch mit dem auf der letzten Tour gehörten. Auch der Übergang zum folgenden "Perfect Strangers" war bekannt. Obwohl ich diesen Song schon so oft gehört habe, ist er für mich immer wieder ein Highlight eines Deep Purple Konzertes - ganz im Gegensatz zu dem (nach Steves üblichem Radio-Sendersuche-Solo) folgenden "Smoke On The Water", das ich wohl mindestens zweimal zu viel gehört habe. "Hush" bildete schließlich den Abschluß des regulären Sets, ein Stück, bei dem Don mal wieder die Orgel in den Vordergrund spielen durfte.

Zu diesem Zeitpunkt hatten die Jungs schon deutlich mehr als die angekündigte Stunde gespielt, so dass alle hätten zufrieden sein können - aber natürlich musste es noch eine Zugabe geben. Interessanterweise wurde als erstes Stück "I've Got Your Number" ausgewählt, ein Stück von der neuen Platte. Nachdem man die Platte einige Male gehört hat, kann man diesem Stück auch live folgen - das erste Hören war doch etwas verwirrend, weil Charakter und Rhythmus des Stücks so oft wechseln. Keine schlechte Wahl für die erste Zugabe! Während des Hintergrundgesangs von Roger und Steve stellte sich Gillan hinter die beiden und hielt sein Mikro beim Singen direkt über das am Mikrofonständer hängende Mikro, und wollte sich dabei fast totlachen - er fand es wohl außerordentlich erheiternd, über zwei Mikros gleichzeitig zu singen.

Als nächstes gaben die Jungs ein (wohl allen Anwesenden) unbekanntes Traditional zum Besten - vielleicht irisch??? Von dort folgte dann er nahtlose Übergang zu "Black Night", das von den Fans in der Columbiahalle begeistert mitgesungen wurde. Dies war dann wirklich das Ende dieses sehr gelungenen Konzerts, bei dem Deep Purple immerhin etwas über 90 Minuten auf der Bühne gestanden haben.

Allgemein läßt sich noch sagen, dass die Jungs bei diesem Gig eine gute Stimmung und Spielfreude an den Tag gelegt haben wie lange nicht mehr. Ich denke, die Anspannung, ein neues Album vorzustellen, und die Tatsache, dass bei dieser "öffentlichen Generalprobe" alles wunderbar geklappt hat, waren ausschlaggebend dafür, dass die Stimmung auf der Bühne vor allem im letzten Drittel des Konzertes einfach einmalig war. Ian Gillan trat ohne seine Congas an - dafür bearbeitete er während der Soli einen Schellenkranz, den man wenigstens auch im Publikum hören konnte. Was auch positiv auffiel: Gillan setzt, vor allem bei den neuen Stücken, seine Mundharmonika wieder ein, was (zumindest für mich!) immer ein besonderer Moment ist. Auch scheint er die Songtexte, zumindest die der neuen Lieder, gut gelernt zu haben, denn der sonst allgegenwärtige Spickzettel war entweder nicht auf der Bühne oder sehr gut versteckt. Obwohl drei Lieder vom neuen Album auch fürs Fernsehen mitgeschnitten wurden, hielten sich die Kameraleute sehr angenehm im Hintergrund - sie haben bei ihrer Arbeit das Konzert in keinster Weise gestört - Respekt dafür!

Nach dem Konzert haben wir den Abend bei Britta und Truppi noch angemessen ausklingen lassen - bis halb fünf in der Nacht haben wir noch gesessen und gequatscht, das Highlight war Truppis Vorlesestunde aus seinen alten Gillan-Fanclub Magazinen.

Zusammenfassend: ein super Konzert, eine Art Familientreffen, geniale Stimmung, Don Airey in einer Form, dass man den Maestro gar nicht mehr vermisst (sorry Jon - I know you'd still be glad to hear this...), die ganze Band mit einer überschäumenden und mitreissenden Spielfreude, und schließlich wunderschöne neue Stücke (ENDLICH!), die auch live funktionieren. Zumindest das Konzert in der Dortmunder Westfalenhalle am 6.11. ist schon fest gebucht - wenn das Konzert auch nur halbwegs an das heranreicht, was wir am Mittwoch in Berlin erleben durften, wird das auf jeden Fall ein genialer purpliger Abend.

Vor der Setliste des Abends möchte ich noch folgendes loswerden:
Grüße an die erste Reihe - Ihr wißt, wer Ihr seid!
Besondere Grüße an Britta und Truppi für die Gastfreundschaft und den netten Abend!
Greetings to Dave from the Highway Star! Without you, I couldn't be writing all this right now!
Greetings to Otto from Finland, and thanks for keeping an eye on my stuff!
And finally: Many thanks to Deep Purple, for a great show and a supeeeerb new album!


Setlist:

Highway Star
Knockin' At Your Backdoor
Silver Tongue
Lazy
Contact Lost
Haunted
Bananas
Well Dressed Guitar
House Of Pain
- Don Airey Solo
Perfect Strangers
- Steve Morse Solo
Smoke On The Water
Hush

Zugaben:

I've Got Your Number
Irish(?) Traditional
Black Night

Und hier noch ein paar Bilder. Durch Anklicken wird eine größere Version des jeweiligen Bildes angezeigt!

   


Bilder: Lars Wehmeyer