von Andreas Heuer
Ziemlich genau vor fünf Jahren spielte Deep Purple auf der
ABandOn-Tour in Rostock. Die
fünf um Jon Lord wagten es damals gerade, zwei Songs vom neuen
Album Abandon zu spielen. Und beide Songs bekamen gerade mal höflichen,
zurückhaltenden Applaus. Der Sound war durchwachsen. Trotzdem
war das Publikum zufrieden.
Am 10.11. in Schwerin spielte Deep Purple mit Don Airey auf der
Bananas-Tour. Und alles war anders. Von 17 Titeln waren 6 vom letzten
Album Bananas. Fast alle wurden vom Publikum begeisternd angenommen,
einige sogar mitgesungen ("I got your number"). Ein
gelungener Trick: Das radiokompatible, aber schmalzige "Haunted"
wurde im Laufe der letzten Deutschland-Konzerte durch das rhythmische
"Doing It Tonight" ersetzt. Der Stimmung im Konzert tat
das gut. Der Innenraum in der Schweriner Sport- und Kongresshalle
ging von Anfang an mit. Nach den Auftakttiteln "Highway Star"
und "Strange Kind of Woman" kam mit "Silver Tongue"
schon der erste neue Titel, der im Gegensatz zur Studioversion um
ein "Dolby-Surround-Solo" von Don Airey und Steve Morse
am Schluss angereichert wurde.
Übrigens Don Airey: Während er das Intro von "Lazy"
zwar total verwachst hatte und keine Linie fand, schließlich
von Paicey und Morse gerettet wurde, sorgte er später mit dem
Morse-Airey-Duell in "Bananas", dem tollen Intro zu "Perfect
Strangers" (inklusive Klassik-Teil und Star-Wars-Thema) und
vielen anderen Soli für Begeisterung.
Paicey bekam zwar nur in der ersten Zugabe (Hush) ein kleines Solo,
glänzte aber mit
abwechslungsreichem Spiel. Und er malträtierte die Kuhglocke
bei "House of Pain" und "Doing it Tonight" so
erfolgreich, dass dadurch allein schon Stimmung bei diesen Songs
aufkam.
Ian Gillan blieb zwar einige wenige Male die Stimme weg, war ansonsten
aber in bester Form. Toll sein Blues-Harp-Solo vor "House of
Pain", witzig sein Zwei-Sekunden-Tambourine-Solo vor Hush (das
er dramatisch vorher ankündigte).
Ein tolles Bass-Solo von Roger Glover leitete nach dem "Fever
/ Hit the Road Jack" Intermezzo während der Zugaben ganz
vorsichtig "Black Night" ein. Nach den beiden Covers war
die Melodie von Black Night kaum herauszuhören, da stimmte
das Publikum schon Black Night an. Roger stellte sich triumphierend
an den Rand der Bühne, hörte auf, Bass zu spielen, breitete
die Hände aus, als wollte er sagen: "aha, die Andeutung
der Melodie reicht Euch also schon".
Schließlich Steve Morse: Mit "Contact Lost" und
"Well Dressed Guitar" hatte er zwei
Instrumental-Auftritte. Den Auftakt von Space Truckin beherrschte
er mit seiner Gitarre und nicht Don Airey mit den Keyboards. Aber
das Konzert war keine reine Morse-Show. Die Mischung machte es,
die Mischung war vielleicht die beste in den letzten fünf Jahren.
Nur ein kleiner Wehrmutstropfen: 17 Titel in 100 Minuten bedeuteten
auch, dass lange Über-10-Minuten-Stücke fehlten. Dafür
war es abwechslungsreich. Und kurzweilig. Vom Auftakt "Highway
Star" bis zum Schlusstitel "Black Night" war das
Publikum in überschäumender Stimmung.
"Haunted" übrigens spielte die Rolle des Rausschmeissers.
Als das Hallenlicht schon
wieder anging, kamen die Klänge von "Haunted" vom
Band. Das Publikum ging zufrieden nach Hause - der vermatschte und
dumpfe Sound der Vorgruppe Molly Hatchet mit dem Ich-kann-nur-einen-Ton-Sänger
und dem übertrieben gestikulierenden Gitarristen war schon
vergessen.
Die Setlist:
1. Highway Star
2. Strange Kind Of Woman
3. Silver Tongue
(mit Don-Steve-Dolby-Surround-Schluss)
4. Knocking At Your Backdoor
5. House Of Pain
(mit Blues-Harp-Intro von Ian G. und
Kuhglocke von Ian P.)
6. Lazy
7. Bananas (Duell Steve-Don am Schluss)
8. Contact Lost
(wieder Paicey an der Kuhglocke)
9. Doing It Tonight
(neu an dieser Stelle statt Haunted)
10. Space Truckin
(mit Steve-Intro statt Keyboards)
11. I Got Your Number
12. The Well Dressed Guitar
13. Perfect Strangers
(mit Klassik- und Star-Wars-Intro von
Don)
14. Smoke On The Water
15. Hush (mit Schlagzeugsolo)
16. Fever / Hit the Road Jack
17. Black Night (mit Bass-Intro von Roger und
Steve als Gesangslehrer für das Publikum)
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