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Deep Purple - Live 2009
Chant du Gros Festival, Le Noirmont, Schweiz, 11.09.2009

von Andreas Lamanda

Ich habe sicher schon an die 100 Konzerte gesehen mit legendären Künstlern wie James Brown, Prince, Joe Cocker, bis zu Bob Dylan usw. Ein Kollege von mir fragte mich 2006 ob ich nicht zum Deep Purple Konzert in Montreux mitgehen möchte. Ich war etwas verwundert, und fragte ihn ob denn diese Musiker überhaupt noch lebten. Er sagte ja, natürlich und darum beschloss ich mit zu gehen. Warum auch nicht und erwartete eine Senioren Band, die ihren Zenit schon lange hinter sich gelassen hat. Ich kannte natürlich "Smoke on the Water", "Child in time" und "Hush" von einer Best-of CD. "Hush" kannte ich ursprünglich als Hit der Gruppe Milli Vanilli (ja ich schäme mich dafür!). Mit den nicht gerade großen Erwartungen fuhren wir also nach Montreux, ca. eine Stunde von meinem Wohnort entfernt. Der Abend begann wie üblich und wir betraten mit 2 Bier bewaffnet das Auditorium Stravinsky (großer Konzertsaal in Montreux). Es wurde dunkel und Deep Purple begannen zu spielen. Schon nach einigen Sekunden war mir klar, dieses Konzert wird mein Leben für immer verändern. Für mich war das wie ein Urknall. Nie zuvor hatte ich Musiker mit einer solchen Präzision spielen hören. Das war nicht nur gut, das war virtuos! Das Zusammenspiel von Morse und Airey hat mich förmlich weggeblasen. Irgendwie war ich in meinem totalen Erstaunen wie weg getreten. Während dem ganzen Konzert habe ich kein Wort gesagt sondern nur zugehört und gestaunt wie ein kleines Kind. Resultat: Aha man kann Musik auch auf diesem Level betreiben. Tja, so bin ich zu Deep Purple gekommen oder wie ich manchmal sage, so wurde ich im hohen Alter von 38 zum Rocker.

Vorgestern Abend war das Festival "Chant du gros" angesagt, welches wir zum ersten Mal besucht haben. Ich hatte bis vor etwa 2 Wochen noch nie etwas von diesem Festival gehört, da es nur ein winzig kleines ist und das letzte der Schweizer Festival-Saison. Das "Chant du gros" findet hoch oben im Jura in Le Noirmont (1000 m.ü.m) statt wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Einen Fuchs hätte ich indessen auch bei der Anfahrt beinahe überfahren, als mir das Tier in schwärzester Nacht im tiefsten Wald vor den Wagen rannte. Zum Glück konnte ich bremsen. In Le Noirmont ist die Dorfstrasse nicht mal richtig geteert und außerhalb des Dorfes ist es stockdunkel, da es dort weder Häuser noch Straßenbeleuchtung hat. (Das ist sich unsereiner als Stadtmensch gar nicht mehr gewohnt). Ein Bauer hatte vor ein paar Jahren das erste "Chant du gros" auf einem Brückenwagen und mit einer! Lichterkette veranstaltet. Damals hatte das Festival 200 Besucher und wie die Legende sagt 30 Wühlmäuse, welche zuschauten, da sie wegen des Lärms nicht schlafen konnten. 2009 war das ganze Dorf mit Bahnhof, Schule, Wohnhäuser, Bäckerei buchstäblich in des Festivalgelände integriert, und man hatte auch den Eindruck, das Dorf sei geschlossen anwesend vom Kleinkind bis zum Opa. Die Organisation rund um das Festival war ein einziges Chaos. Für ein Kaff im hintersten Winkel des Juras sind die mittlerweile etwa 7000 Besucher fast eine Katastrophe. Jeder Bauernhof, jeder Rasen, die Gehsteige, die Feldwege usw. alles mutiert zum Parkplatz. In und um das Dorf gibt es weder Beschilderung noch Wegweiser, rein gar nichts. Entweder man weiß, wo das "Chant du gros" ist, oder man sucht es. Wir suchten rund eine Stunde, trotz GPS! Das Festival an sich jedoch ist exzellent organisiert. Regen ist kein Thema, da die Bühnen in großen Zelten integriert sind. Von den Bands, die dort auftraten kannten wir keine einzige, da diese 1. unbekannt waren oder 2. meist aus dem französischen Sprachraum stammten. Die einzige diesbezügliche Ausnahme waren: Deep Purple. Ich finde es einfach toll wie Deep Purple, eine der wichtigsten Bands der Musikgeschichte überhaupt, zwischen Konzerten in Paris, Barcelona, Madrid, und London quasi an einem Dorffest auftreten, und das, wie man den Musikern deutlich anmerkte, mit sehr viel Spaß an der Sache. Für andere Künstler schlicht undenkbar.

Das Konzert begann mit einem Stück von Beethoven, das langsam in "Highway Star" überging. Die Tontechniker hatten zuerst Probleme mit dem sich überschlagenden Ton, was aber sofort korrigiert wurde. Ian Gillan, wie immer barfuß, sang das Stück ganz zu beginn, da er leider relativ schnell Probleme mit seiner Stimme bekommt und danach die Höhen kaum noch schafft.

Steve Morse war im Element, wie ich ihn schon lange nicht mehr gesehen habe. Sein Solo war schier endlos und glich wieder demjenigen auf der "Total Abandon" DVD. Im Anschluss an sein Solo lieferte sich mit Don Airey ein heftiges Gitarren-Hammond Duell auf allerhöchstem spieltechnischen Niveau. Besser geht nicht. Die vor uns stehenden Teenies schauten nur komisch aus der Wäsche, denn sie begriffen offenbar nicht was ihnen da von den lebenden Legenden geboten wurde. Ja das ist nicht Bumbum-Techno aus dem Computer, um diese Musik zu produzieren muss man noch richtig was können, dachte ich für mich, als Don Airey zu seinem beliebten Keyboard Solo ansetzte. Airey begann seinen musikalischen Ausflug wie üblich mit dem E-Piano und klassischen Stücken und ließ danach den Moog so richtig durch die finstere Nacht grollen und endete schließlich bei seinem Hamond. hammermässig toll wie immer.

Danach ging's durch die seit 2006 kaum veränderte Setlist von Hit zu Hit. Wrong Man kam in dieser Umgebung besonders kraftvoll rüber.