von Lars Wehmeyer
Der Titel "An Evening With Ian Paice & Pete York"
war eigentlich nur die halbe Wahrheit, schließlich standen
mit Colin Hodgkinson am Bass und Miller Anderson an der Gitarre
noch zwei weitere hochkarätige Musiker auf der Bühne.
Zu Beginn sprach Ian ein paar Worte, um dann relativ schnell an
Pete York abzugeben, der erstaunlich gut deutsch spricht und das
Publikum sofort im Sturm eroberte. Ian und Pete erläuterten
kurz, um was es gehen soll, nämlich kein Konzert im eigentlichen
Sinne, sondern vielmehr eine lockere Jam-Session mit Frage- und
Antwort-Teilen, in denen Ian und Pete die vielfältigen Fragen
der Fans zu allem Möglichem beantworten wollten. Und das war
wirklich nicht zu viel versprochen!
Nach
einigen Stücken zum Warmwerden begann dann auch gleich die
erste Diskussions-Session. Nach anfänglichem Zögern von
Seiten des Publikums kamen die Fragen dann Schlag auf Schlag, und
die beiden gaben erschöpfende und sehr unterhaltsame Antworten.
Einige der Fragen, an die ich mich noch erinnere:
Was macht eigentlich XYZ, mit dem Du
einst zusammengespielt hast?
Einige der Namen waren etwa Paul McCartney ("Sir Paul! Nice
guy") sowie (natürlich) Ritchie Blackmore ("Who?
Oh, the guy with the hat!") und viele viele andere, die mit
Ian und/oder Pete irgendwann mal zusammen gespielt haben. Es wurde
auch von Exzessen einiger Musiker berichtet: Ian gab etwa zu, niemals
ein Hotelzimmer verwüstet zu haben, wogegen ein anderer Musiker
einen besonderen Trick hatte, um einen Fernseher mit Stil aus dem
Fenster zu werfen: Dieser verkleidete sich als Fernsehmonteur, klopfte
an irgendeinem Zimmer und gab vor, den Fernseher reparieren zu müssen.
Kurz danach fiel selbiger dann aus dem Fenster, einmal auch auf
die Motorhaube eines Polizeiautos... Von einigen Kollegen wurde
berichtet, dass sie wirklich gut waren, wenn sie denn mal aufrecht
stehen konnten. Auch von Tony Ashton wurde erzählt, dass er
wohl gerne in der Zeche dabeigewesen wäre, weil er die kleineren
Clubs immer lieber hatte als die großen Hallen. Leider waren
PAL aber auf Hallen angewiesen, so dass er nicht immer glücklich
war.
Wann habt Ihr Euer erstes Drumkit bekommen?
Ian war 13, Pete 15 (wenn ich mich recht erinnere). Vorher hat Ian
in der Wohnung alles zum Trommeln benutzt, woraufhin die Eltern
irgendwann resignierten und ihm eine Trommel kauften, die irgendwann
zum kompletten Schlagzeug wurde.
Wann hast Du Dich entschieden, ein professioneller
Drummer zu werden?
Ian antwortete, dass das keine Entscheidung in dem Sinne sei. Man
spiele, jemand höre das, und wenn man gut sei, werde man gefragt,
ob man nicht in einer anderen (besseren) Band mitspielen möchte.
Er hat früh angefangen, zwei Jahre später war er in seiner
ersten Band, und nochmal zwei Jahre später bei Deep Purple.
Er hatte das Glück, nicht jahrelang erfolglos herumtingeln
zu müssen, wofür er sehr dankbar ist.
Wird es nicht langweilig, zum tausendsten
Mal die alten Songs von Deep Purple zu spielen?
Ian antwortete, dass das sicher so wäre, wenn es schlechte
Songs wären, aber es seien nun mal verdammt gute Songs, und
deshalb mache es immer noch Spaß. Außerdem werde bei
den Shows viel improvisiert: "Hauptsache, wir fangen zusammen
an und hören zusammen auf, was dazwischen kommt, weiß
vorher keiner...".
Kannst
Du mal eben das Intro zu Fireball spielen?
Ian dreht sich um, verschwindet hinter seinem Instrument, und man
hört des gewaltige Schlagzeuggewitter...
Auf diese Art und Weise unterhielten die beiden das dankbare Publikum
und gaben manche Insidergeschichten zum Besten.
Zwischenzeitlich wurden immer mal wieder ein paar Lieder gespielt,
unter anderem ein Stück, das auf einem Bassmotiv von Colin
Hodgkinson basiert: "Hat er uns vorgestern vorgespielt, mal
sehen, was daraus wird...". "Black Night" und "Smoke"
wurden auch gespielt, wobei sich Miller Anderson an der Gitarre
und den Vocals versuchte. Die Gitarre war leider etwas laut und
aufdringlich (mag auch an meinem Standort gelegen haben), und der
Sound traf nicht so ganz den Geschmack der anwesenden Musiker. Aber
alle hatten ihren Spaß, sowohl auf der Bühne als auch
davor, das war deutlich zu merken.
Selbstredend wurden in die Songs auch einige Schlagzeugsoli einbezogen,
wobei Ian und Pete zeigen konnten, was sie so draufhaben. Ihr Zusammenspiel
war trotz oder gerade wegen ihres sehr unterschiedlichen Stils einfach
atemberaubend. Ian spielte auch eine zeitlang allein, wobei er unter
anderem den einhändigen Trommelwirbel vorführte, der wohl
allen Concerto-Besuchern noch gut in Erinnerung ist.
Zu guter Letzt warf Ian dann wie üblich seine Sticks in die
Menge, und ich hatte das Glück, einen davon zu fangen (ohne
Handgemenge...), was mir von einem befreundeten und ebenfalls anwesenden
Schlagzeuger etwas übelgenommen wurde...
Nach den geforderten Zugaben (wir mussten ziemlich lange rufen und
klatschen, anscheinend gibt es in der Zeche recht strikte Regelungen
bzgl. Ruhezeiten), holten sich Ian und Pete Stühle und signierten
eine Ewigkeit lang alles, was ihnen vom Publikum angereicht wurde.
Drumsticks und Poster wurden verkauft und auch gleich signiert.
Alle Musiker waren auf der Bühne, bis die letzten treuen Fans
die Halle verlassen hatten, und gaben Autogramme oder beantworteten
weitere Fragen. Bei der Gelegenheit konnte ich Ian noch nach Jon
Lord fragen, dessen Knieverletzung ihn ja in letzter Zeit von der
Bühne ferngehalten hat. Er ist auf dem Wege der Besserung,
anscheinend weiß aber niemand so genau, wo die Verletzung
ursprünglich herkam (Ian mutmaßte Skifahren oder auch
die einseitige Belastung beim Hammond-Spielen). Nachdem ich mich
dann noch mit einem Aviator-Fanclub-Mitglied unterhalten hatte,
war es für uns Zeit, langsam aufzubrechen, natürlich nicht
ohne vorher noch ein Bierchen in der Kneipe zu nehmen.
Alles in allem war es ein perfekter Abend, alle hatten ihren Spaß,
es war etwas ganz anderes, als Ian immer nur bei Deep Purple hinter
dem Schlagzeug zu sehen - plötzlich war er ganz nah, und er
wirkte wie ein wirklich netter Mensch. Einziger Kritikpunkt des
Abends: Es war viel zu schnell vorbei - die Jungs hätten ruhig
noch die ein oder andere Stunde plaudernd und spielend auf der Bühne
bleiben können.
Wer es sich hat entgehen lassen, hat wirklich was verpasst. Aber
Pete erwähnte auch, dass diese Minitour zum Vorfühlen
gedacht ist - es besteht also durchaus Hoffnung, dass es Ähnliches
in der Zukunft wieder geben wird.
pics: Oleg Nedos
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