Infos, Downloads u.v.m.
Deep Purple: Bananas
(EMI Switzerland / CDP 000.775, Promo-CD, Juli 2003)

von Klaus Horn

Hier nun meine angedrohten Anmerkungen zu "Bananas": Tja, da sitze ich nun in meinem purpurnen Salon mit ein paar Flaschen Bier und einer Menge Bananen, höre mir zum wiederholten Male das neue Album von Deep Purple an- und kann noch immer nicht genug davon bekommen. Deshalb will ich jetzt auch nicht in den Krümeln suchen und mich über irgendwelche Hintergrundgeräusche aufregen oder bemängeln, dass einige Songs ausgefadet werden oder einfach viel zu kurz sind. Nein, ich sage einfach: "Bananas" ist klasse! Wann zum Henker gab's bei Purple auf einer Studio-Produktion zuletzt eine solche Instrumentalpassage wie beim Titelsong? Wann hat Gillan zuletzt so gefühlvoll gesungen wie in Walk on? Wann gab's zuletzt ein Deep- Purple-Album, auf dem mir wirklich jeder Song gefallen hat? Ich will jetzt nicht jeden Titel bis ins Letzte behandeln; schließlich hat jeder Ohren zu hören und seinen eingenen Geschmack und Andy und Truppi haben ja schon Reviews geschrieben, denen ich beinahe gänzlich zustimmen kann. Deshalb nur ein paar Anmerkungen. Eine CD-Kritik ist das schon gar nicht; wer bin ich, dass ich geniale Musiker kritisieren könnte? Wer bin ich, dass ich beurteilen könnte, ob es draussen regnet? Es gibt genug Leute, die gänzlich unprofessionelle Plattenkritiken schreiben- und wohl teilweise auch noch Geld dabei verdienen. Bei jeder neuen Deep Purple- Scheibe gibt es "Kritiker", die bemängeln, dass sich die Band in den 80ern wieder zusammengefunden hat. Ist das eine sachliche Kritik, die auch nur irgend etwas mit dem zu besprechenden Album zu tun hat? Ich weise ja auch nicht diese Schreiberlinge darauf hin, dass sie sich besser vor zwanzig Jahren erschossen hätten, weil sie seitdem nichts Gescheites mehr geschrieben haben.

Die Songs:
House of Pain ist ein solider Rocker (für mich keins der Highlights), gefällt mir aber als Opener deutlich besser als die letzten zwei (anfangs erinnerte mich der Songs an gewisse Rainbow- und auch einen Kansas-Song, aber das gibt sich). Sun goes down: tolle düstere Atmosphäre, toller Don; Haunted: gefiel mir live nicht; aber jetzt gefällt`s mir wirklich gut, und auch die Streicher und der Backgroundgesang haben mich nicht umgebracht- und Steves Solo ist wirklich fein; Razzle-Dazzle: guter Anfang und Chorus sowie die Piano-Soli, aber insgesamt- sagen wir mal mit HoP meine Lieblingssongs Nr. 11 und 12 (ich will hier nicht von den schwächsten Stücken sprechen); Silver Tonge: Yeah, Baby, yeah! Das Stück groovt! Einer meiner Lieblingstracks; Walk On: Wow! Einfach geil! Gillan singt einfach phantastisch, manchmal mein Lieblingsstück; Picture of Innocence: wirklich interessantes Stück. I got your number: wesentlich besser als ich es von der Live-Version in Erinnerung hatte, Super-wahnsinns-Schlussteil; Never a word: Wunderschön, sowohl der Instrumental- als auch der Gesangspart; Bananas: der Instrumentalpart von Don und Steve saugt einem wirklich das halbe Hirn raus! (Oh Gott, wie oft hab` ich das jetzt schon gehört?); Doing it tonight: Yeeeeeoooooowwwww! Mein Lieblingsstück, wenn es nicht gerade Walk on ist.Das Teil geht barbarisch ab, und auch der Schluss ist klasse; bei dem Stück muss ich immer wie von einer fremden Macht gelenkt aufstehen und rumtanzen, wobei allerdings immer eine gehörige Menge Bier aus dem Glas schwappt (Beim nächsten Durchlauf lasse ich es lieber stehen); Contact Lost: Wunderschön, schnief...

Die Band:
Auffallend ist die Performance von Don. Mal ehrlich: wenn man nicht wüsste, dass das nicht Jon ist, käme man nicht im Traum auf diesen Gedanken, oder? Wenn ich mir zum Beispiel das Solo in "House of Pain" anhöre- da hätte ich doch, wenn ich's nicht besser wüsste- meine wichtigsten Körperteile verwettet, dass das Jon Lord ist (gut, das hätte ich bis vor einigen Jahren auch bei "Bullfrog" von "Green Bullfrog" getan; Gott sei Dank hat keiner mitgewettet; da hat mich der Matthew Ficher ganz schön geleimt (oder war's gar Tony Ashton?); Fisher hab` ich dieses Jahr mit Procol Harum gesehen. Und ich ziehe meinen imaginären Hut vor ihm, erstens für sein Orgelspiel und zweitens weil er trotz des unübersehbaren Whisky-Genusses vor dem Konzert (und währenddessen) nicht von seinem Orgel-Bänkchen gefallen ist). Teilweise erinnert Don irgendwie an einen "früheren" Lord (zum Beispiel beim letzten Vers von Silver Tongue). Don hat einen erheblichen Anteil daran, dass das Album trotz allen verschiedenartigen Einflüssen absolut nach Deep Purple klingt. Auch Steve Morse gefällt mir sehr gut; er spielt sehr banddienlich und seine Solos überzeugen voll (und er versucht nicht ständig zu beweisen, dass er in einer Sekunde mehr Noten spielen kann als ein ganzes Symphonie- Orchester zusammen). Ian Gillan klingt wirklich sehr gut; es ist natürlich zu einem großen Teil sein Album. Superb! Roger und Paicy leisten natürlich auch glänzende Arbeit. Alles in allem eine sehr runde Sache von Gillan, Glover, Paice, Morse und Airey- das ist ja jetzt wohl die offizielle Reihenfolge.

Die Produktion:
sehr modern, und auch sehr gut. Okay, die Platte enthält einige ungewohnte "Geräusche" und Effekte; aber vergessen wir nicht: auch in 70ern haben Purple "Special Effects" verwendet, und wenn's nur das Anschalten der Klimaanlage war...

Der Titel:
Nachdem sich der Widerstand gegen den Titel "Bananas" etwas gelegt hat: Ist er wirklich so schlimm? Immerhin hat er für ziemlich viel Aufsehen gesorgt. Wann wird schon Wochen vor der Veröffentlichung einer Platte über deren Titel gestritten. Auch eine Idee, um auf das Werk aufmerksam zu machen. Warum also nicht schon früher? Warum nicht "Burnanas", "The Bananas rages on" oder "Abananadon"? Vielleicht ärgert sich der MIB schon darüber, dass er seine aktuelle CD nicht "Ghost of a Banana" genannt hat (ganz zu Schweigen von der Live-Platte "Past Times with Good Bananas" und seiner alten Scheibe "Catch the Banana"). Vielleicht fragt sich Jon, ob er sein neuestes Werk nicht "Boom of the tingling Bananas" hätte nennen sollen; wer weiss, sein nächstes Werk könnte eine Symphonie für Piano und Bananen werden (es gab ja schon mal eine Symphonie für drei Staubsauger und eine Bohnerbürste, wenn ich nicht irre; hat die nicht auch Sir Malcolm Arnold dirigiert?) Und überhaupt: Haben denn zum Beispiel die hochgelobten Led Zeppelin es geschafft, für ihre Alben gescheite Titel zu kreieren? I,II,III,IV, und was danach kam, war doch auch nicht viel besser, oder? Ist ein harter Titel wirklich wichtig für eine Hardrock-Scheibe oder einen Hardrock-Song? Wäre der populärste Purple-Song wirklich weniger bekannt geworden, wenn es statt "Smoke on the water/ a fire in the sky" gehießen hätte: "Yellow Bananas/ are better than the green"?
Ja, Okay. Überzeugt...

Das Cover:
Ich hoffe mal, dass jetzt keiner glaubt, Deep Purple sei ein indisches Duo. Immerhin hat man diesmal wenigstens Bilder von der Band ins Booklet genommen. Cover und Booklet von Abandon haben mir weit weniger gefallen. Wer will schon irgendwelche spärlich bekleideten waschbrettbäuchigen Dürrheringe sehen, die von diversen Hochhäusern springen (hm, Frauen vielleicht? Keine Ahnung)? Ob sich da auch jemand gefragt hat, wer von der Band da gerade seinen durchtrainierten Körper in die Tiefe gestürzt hat? Ausgerechnet Bananen... Getreu den Scheiben der 70er hätte man auf dem Cover von "Bananas" eigentlich fünf Bananen sehen müssen, auf die die Gesichter der Bandmitglieder aufgemalt sind. Die würden dann zwar etwas schmal aussehen, aber was soll's? Vielleicht scheiterte diese Idee daran, weil es zu schwierig ist, einer Banane ein Kopftuch aufzusetzen.

Die Philosophie:
Welche Philosophie hinter dem Album steckt, verrät uns Big Ian schon durch die Songtitel. Wenn wir nämlich einen Satz bilden, in dem alle Songtitel des Albums vorkommen, sehen wir, was er uns sagen will (ich bitte alle grammatikalischen Holperer und Schlüpfrigkeiten zu verzeihen): "When the SUN GOES DOWN, I WALK ON to the HOUSE OF PAIN and there I will DOING IT TONIGHT with my HAUNTED SILVER TONGUE and you can RAZZLE-DAZZLE one of the biggest BANANAS ever, and this will be no PICTURE OF INNOCENCE, and althought I GOT YOUR NUMBER, we will speak NEVER A WORD again because CONTACT LOST."

Fazit:
Was habe ich bei meiner Hör-Session gelernt?
- Don has won
- Abwechslungsreichtum belebt ein Album ungemein
- Es muss nicht immer alles hart und schnell sein
- Eine gute Produktion ist keine Schande
- Bananen und Bier passen nicht zusammen (hab` schon wieder Bauchschmerzen)

Und jetzt hör' ich die ganze Scheibe nochmal... Klaus